Fieber: Ab wann und wie senken?
Wenn die Körpertemperatur über 38,3° Celsius steigt, spricht man von Fieber. Viele Menschen halten das für eine Krankheit, die man möglichst zügig behandeln sollte. Vor allem die Werbeabteilungen der Pharmakonzerne überbieten sich darin, Fieber als ein "Übel" darzustellen. Dabei ist Fieber weder eine Krankheit noch ist es an sich schlecht.
Fieber ist eine uralte Fähigkeit fast aller tierischer Lebewesen, um Infektionen (Eindringen und Vermehren von Bakterien, Viren oder Pilzen) zu bekämpfen. Die Erhöhung der Temperatur wird gezielt vom Körper herbeigeführt, über sehr komplexe chemisch/physikalische Prozesse. Der Organismus ist in der Lage, die Höhe der Temperatur sehr fein zu regulieren (Umgebung, Verdunstung, Verdauung, Kleidung etc.). Normalerweise wird die Körpertemperatur stets auf einem optimalen Niveau gehalten - je nach Tageszeit und Aktivität zwischen rund 37° und 38° Grad Celsius.
Warum ist Fieber wichtig und nützlich?
Im Falle einer Infektion werden jedoch Abwehrprozesse angekurbelt, die bei höherer Körpertemperatur besser arbeiten und funktionieren. So entfalten zum Beispiel viele Abwehrzellen (z.B. Granulozyten, Monozyten, Makrophagen) ihre optimale Wirksamkeit erst bei einer Temperatur von 38,3 Grad und höher. Erst ab einer Temperatur von 41° verlieren sie an Wirksamkeit. Daher steigt Fieber in der Regel in einer normal temperierten Umgebung auch niemals höher als 41,4° - der Körper kann das regulieren, auch im Krankheitsfall.
Fieber senken oder nicht?
Wenn man Fieber durch Medikamente oder äußere Kühlung senkt, schwächt man das körpereigene Abwehrsystem. Vor allem bei Kindern, bei denen es nicht selten in kurzer Zeit zu sehr hohem Fieber kommen kann, meinen die Eltern es gut, wenn sie mit Zäpfchen oder Wadenwickeln das Fieber senken wollen. Nur leider schwächt man damit die Abwehrreaktion und verlängert in der Folge den Gesundungsprozess. Die eigentliche Krankheit bzw. die Ursache der Krankheit (Viren, Bakterien oder Pilze) bleibt ja im Körper. Es dauert dann um so länger, ehe das Immunsystem wieder richtig "in Fahrt kommt". Kurzum: fiebersenkende Maßnahmen verlängern meist den Krankheitsverlauf und führen nicht selten zu Komplikationen.
Aber: gleichzeitig mildern sie die Symptome ab. Fiebernde Menschen leiden natürlich. Vor allem wenn sich hohes Fieber über mehrere Stunden hinzieht und die oder der Betroffene nicht zur Ruhe kommt, können fiebersenkende Maßnahmen helfen, den beruhigenden und heilsamen Schlaf zu erreichen. Überspitzt kann man sagen:
- Ohne fiebersenkende Maßnahmen: kürzer, aber anstrengender.
- Mit fiebersenkenden Maßnahmen: länger, aber milder.
Entwicklung der Fieber-Fähigkeit (Evolution)
Fieber ist als natürliche Reaktion des Abwehrsystems evolutionsgeschichtlich sehr alt. Der Mechanismus entwickelte sich vor rund 600 Mio. Jahren und kommt bei fast allen Lebewesen vor (nicht nur bei Säugetieren, sondern auch bei Fischen Amphibien, Reptilien und sogar Insekten). Die Fähigkeit, Fieber zu entwickeln, hat sich im Laufe der Evolution als klarer Überlebensvorteil zur Bekämpfung von Infektionen herauskristallisiert.
Weitere Symptome bei Fieber
Auch wenn Fieber an sich ein Symptom ist, so gibt es eine Reihe von Begleiterscheinungen, die häufig mit Fieber einhergehen. Dazu gehören:
- Augenschmerzen, tränende Augen, schwere Augen
- gerötete Wanken, verstärkte Durchblutung
- Kopf- und Gliederschmerzen, Gelenkschmerzen
- Muskelschwäche, Abgeschlagenheit, Antriebslosigkeit
- Appetitlosigkeit, Rachenschmerzen
- Schwindelanfälle, Verwirrtheit, Tagträume
- geschwollene Lymphknoten (verstärkte Lymphozyten-Produktion)
- Husten, Schnupfen, Heiserkeit (viele Infektionen befallen die Schleimhäute im Hals- und Rachenbereich)
Schüttelfrost, Zittern
Frösteln, also das Zittern der Muskeln, ist eine natürliche Methode des Körpers, um die Körpertemperatur zu erhöhen. Bei einer heftigen akuten Infektion bemüht sich der Körper, das Fieberstadium mit Hilfe von Schüttelfrost zu erreichen. In dieser Phase ist es sinnvoll, ihn dabei zu unterstützen, z.B. durch
- zweite Bettdecke
- heißes Wasser oder heißer Tee
- Wärmflasche (die positive Wirkung einer Wärmflasche wird oft unterschätzt).
Was passiert, wenn das Fieber zu hoch ist?
Viele fürchten bei Fieber die Denaturierung, also die Zerstörung von Eiweißverbindungen und damit das Absterben wichtiger Körperzellen und Gewebe. Das stellt auch tatsächlich eine große Gefahr dar, allerdings in aller Regel nicht durch Fieber (allein), sondern wenn der Körper keine Möglichkeit der Abkühlung findet (zum Beispiel in einer stark überhitzten Umgebung oder wenn man Kleidungsstücke oder Decke nicht entfernen kann).
Ansonsten ist der Körper jedoch in aller Regel in der Lage, das Fieber exakt zu regulieren (sonst hätte sich diese Fähigkeit im Laufe der Evolution auch nicht so durchgesetzt). Das heißt, es kommt unter normalen Umständen (Krankheit, zu Hause im Bett, Zimmer frisch belüftet) niemals zu einer Hyperthermie (zu hohe Körpertemperatur).
Vor einer Denaturierung von Zellproteinen, z. B. bei erhöhter Temperatur, schützen sich Zellen zusätzlich durch die sog. Hitzeschock-Antwort: vereinfacht gesagt bilden sich dann Hitzeschockproteine, die vielerlei nützliche Funktionen haben:
- sie stabilisieren und schützen andere Proteine
- sie regen die Immunzellen, insbesondere Makrophagen an (sog. Fresszellen, die Bakterien und Viren "fressen" bzw. eliminieren)
- sie regen die Produktion neuer Immunzellen an
Man sollte sich immer bewußt machen, dass die Infektion nicht direkt das Fieber auslöst, sondern der Körper selber. Die Eindringlinge (Bakterien, Viren, Pilzsporen) sind eher daran interessiert, dass der Körper in einem normalen Zustand verbleibt, damit sie sich besser ausbreiten können.
Gefahr der Dehydration, daher viel trinken
Die eigentliche Gefahr beim Fieber liegt weniger in der Denaturierung, also der Zerstörung von Zellen, als viel mehr in der Dehydration, also einer Unterwässerung bzw. Austrocknung. Bei der Erhöhung der Temperatur wird Wasser verbraucht - und wenn das über einen längeren Zeitraum geschieht (mehrere Stunden und länger), dann kann der Körper dehydrieren (austrocknen), was wiederum zahlreiche weitere Prozesse und Komplikationen auslösen kann.
Man sollte daher immer darauf achten, dass Menschen mit Fieber viel und regelmäßig trinken - auch wenn das häufig als zusätzliche Belastung empfunden wird.
Fieber senken durch Wadenwickel (?)
Nicht selten wird versucht, dass Fieber durch Wadenwickel oder andere äußerliche Kühlung zu senken. Das Problem dabei: der Körper will ja fiebern - denn das dient der Gesundung (Bekämpfung der Erreger). Er wird daher versuchen, gegen die Kühlung anzuarbeiten und verstärkt seine Anstrengungen, die Temperatur zu erhöhen. Für den Organismus bedeutet das zusätzlichen Kraftaufwand.
Daher: Wenn hohes Fieber über mehrere Stunden dazu führt, dass ein Patient nicht zur Ruhe kommt (Schlaf), können Wadenwickel durchaus positiv sein - wenn dadurch nämlich ein heilsamer Schlaf ermöglicht wird. Allerdings sollte man das Fieber nicht zu stark herunterkühlen - denn der Körper wird anschließend mit Kraftaufwand versuchen, wieder das Fieberstadium zu erreichen. Also: besser nur kurz runterkühlen, neben Wadelnwickeln sind dabei sinnvoll: kurz Stoßlüften, Bettdecke kräftig ausschütteln, ev. neuer Bezug und/oder frischer Schlafanzug, kaltes Wasser trinken. Häufig reagiert der Körper daraufhin mit Schüttelfrost, um die Temperatur wieder hoch zu treiben.
Medikamente bei Fieber (?)
Soll man nun bei hohem Fieber Medikamente einnehmen oder verabreichen oder nicht??? Aus dem Gesagten ergibt sich: in den allermeisten Fällen ist das kontraproduktiv. Solche Medikamente bekämpfen nicht die Ursache des Fiebers. Da Fieber an sich Teil der Abwehrreaktion ist, führt ein künstliches Absenken der Körpertemperatur zur Verlängerung des Krankheitszustandes.
Aber: letztlich kann das nur ein Arzt oder eine Ärztin wirklich beurteilen.
In manchen Fällen wird der Einsatz von Antibiotika empfohlen, um die tatsächliche Ursache des Fiebers zu bekämpfen. Das hängt allerdings davon ab, ob der Erreger diagnostiziert werden kann und ob eine medikamentöse Behandlung notwendig ist. Diese Beurteilung und Verschreibung kann nur eine Ärztin oder Arzt vornehmen.
In den meisten Fällen ist es sinnvoller, das Fieber wie zuvor beschrieben, auf mildere und natürlichere Art zu senken: Wadenwickel, Decke ausschütteln, etc, siehe oben).
Fieber als Symptom einer Krankheit
Ein weiterer "Vorteil" von Fieber ist, das es recht zuverlässig die Krankheits- bzw. Gesundungsphase anzeigt. Säuglinge, aber auch vor allem ältere Menschen, entwickeln teilweise bei Infektionen kein Fieber. Das ist dann im Grunde viel gefährlicher, weil man zwar körperlich geschwächt ist, das aber gar nicht richtig bemerkt. Die erforderliche Bettruhe bleibt dann eventuell aus, obwohl andere Symptome wie Appetitlosigkeit, Abgeschlagenheit, Müdigkeit bis hin zur geistigen Verwirrung bemerkt werden.
Daher - auch wenn jeder weiß, dass Fieber unschön ist: im Grunde ist es ein gutes Zeichen. Man sollte den Körper in dieser Phase möglichst gut unterstützen: Bettruhe, abgedunkelte und ruhige Umgebung, viel Wasser, frische Luft.
Wann bei Fieber zum Arzt?
Auch wenn Fieber an sich keine Krankheit ist, so ist es doch ein klares Signal, dass im Körper etwas nicht stimmt. Die Ursache des Fiebers sollte möglichst erkannt werden - und die Diagnose kann letztlich nur ein Arzt oder eine Ärztin stellen.
Einen allgemeinen Rat, wann man zum Arzt gehen sollte, gibt es nicht. Denn Gesundheit (und Krankheit) sind immer individuell. Es kommt immer auf die Vorgeschichte, andere Erkrankungen, körperliche Konstitution, emotionale Verfassung etc. an.
Als Faustformel kann man sagen:
- Säuglinge und Kleinkinder:
- Beim ersten "großen" Fieber ab 38,5° zum Kinderarzt.
- Wenn das erste Fieber harmlos verlaufen ist (in 99% der Fälle), ist der Arztbesuch bei Fieber erst nach Absprache oder bei dauerhaft hohem Fieber erforderlich:
- mehrere Stunden über 39°
- länger als 1 Tag über 38,5°
- Hinweis: (Kurzzeitige) Temperaturen von über 40° sind bei Kleinkindern durchaus üblich. Solange das Fieber nach ein paar Stunden wieder von alleine zurückgeht, ist das in aller Regel kein Problem.
- Kinder / Jugendliche:
- mehrere Stunden über 39,0°
- länger als 2 Tage über 38,5°
- Erwachsene:
- mehrere Stunden über 39,5°
- länger als 3 Tage über 38,5°
- Nach einem Auslandsaufenthalt (Tropen): in dem Fall sollte man bei Fieber sofort in eine Klinik fahren, weil das Fieber möglicherweise durch eine gefährliche, ev. ansteckende Infektion (Tropenkrankheit) ausgelöst wurde. Das sollte sicherheitshalber geklärt werden.
Gerade bei (Klein-)kindern sollten Eltern einfach "da sein", um dem Kind die notwendige, aber beunruhigende Fieberphase zu erleichtern: die Hand halten, etwas vorlesen, ein leises Lied singen, beruhigend gut zureden. Nach einigen Stunden ist es geschafft.
Diese Anhaltswerte sollte man gegebenenfalls beim nächsten Besuch des Hausarztes noch einmal ansprechen und konkret erfragen. Denn einheitliche, allgemeine Empfehlungen kann es hierbei nicht geben.
Fieber bei Grippe
Fieber ist einer der häufigsten Gründe für den Arztbesuch. Besonders in den Wintermonaten breiten sich die Grippeviren aus, die von den meisten Menschen mit entsprechendem Fieber bekämpft werden. Gerade Grippeviren sind sehr hartnäckig und sie vermehren sich rapide schnell im Körper, so dass es entsprechend aufwändig ist, die Leukozyten-Produktion hochzufahren, damit mehr Abwehrzellen da sind als Angreifer (siehe dazu: Leukozytose; Blutwert Leukozyten erhöht). In dieser Phase reagiert der Organismus fiebrig - und es ist oft das Beste und Einfachste, das zu ertragen.
Da wie oben beschrieben alte Menschen oft nicht mehr angemessen mit Fieber reagieren können, ist die Grippe-Gefahr für diese Menschen am gefährlichsten. Es wird älteren Menschen daher oft empfohlen, sich impfen zu lassen.
Bitte beachten: dieser Artikel dient dazu, Fieber als Symptom besser einschätzen zu können und das Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt zu erleichtern. Er soll auf keinen Fall dazu ermuntern, eigenständig und ohne ärztliche Rücksprache Therapien mit Medikamenten einzuleiten.
Ressourcen / Weiterlesen
- US National Library of Medicine National Institutes of Health: Fever and the heat shock response: distinct, partially overlapping processes (en.)
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Fieber bei Kleinkindern
- Patientenleitlinien.de: Fieber im Kindesalter
- Bildnachweise: "Wasserglas" Urheber : belchonock
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